Das Cabrio – Früher eine Kutsche ohne Dach

Hallo, ich bin ein Cabrio. Vorstellen muss ich mich nicht, oder? Zwar bin ich laut meiner Absatzzahlen nur ein Nischenfahrzeug, bekannt bin ich aber weit und breit – weil ich quasi „offen“ bin. Ein Open Airler, wenn du so willst. Jedenfalls würden mich viele gerne fahren. Im Alltag bin ich den meisten aber nicht praktisch genug. Das verstehe ich sogar. Schließlich darfst du, wenn ich offen bin, nichts im Auto liegen lassen. Ist mein Verdeck versenkt, verkleinert dieses wieder meinen Kofferraum, teilweise sogar drastisch. Für den Familien-Großeinkauf müsstest du mein Verdeck wohl schließen, in dem Fall kann ich aber nicht mehr meine „Frischluft-Vorteile“ ausspielen.

Wie einst alles begann

Meine Geschichte ist dennoch interessant. Alles begann in der grauen Vorzeit mit einer Kutsche. Kein Witz: Es gab damals einen leichten, offenen Wagen, der von nur einem Pferd gezogen wurde. Dieser Einspänner galt als eine Art „Spaß-Wagen“ und war vor allem für Ausflüge an schönen Tagen gedacht. Jedenfalls hieß diese Kutsche Cabriolet, was die Automobilbranche später übernahm. Die heute so trendige Bezeichnung Cabrio ist lediglich eine Abkürzung. Pate ist übrigens das französische Wort „cabrioler“, was so viel wie „Luftsprünge machen“ heißt.

Die ersten Cabrios basierten nach damaliger Technik noch auf einem Fahrzeugrahmen. Mit dem Aufkommen der selbsttragenden Karosserie kam ich daher in Verlegenheit. Da heutige Cabrios in der Regel auf einem Coupé oder einer Limousine aufbauen, kannst du nicht einfach das Dach „absägen“. Dadurch würde sich die Stabilität des Fahrzeugs reduzieren, was wiederum die Sicherheit minimiert. Entsprechend ist meine Entwicklung nicht einfach. Um den Verlust an Stabilität auszugleichen, sind diverse Teile zwangsläufig zu verstärken.

Was das Schuhkarton-Problem ist

Vergleichbar ist das mit einem Schuhkarton, weswegen die Branche vom „Schuhkarton-Problem“ spricht. Probiere es einfach mal aus: Nimm’ einen Schuhkarton und versuche diesen zu verdrehen. Das könnte sich als recht schwer herausstellen. Jetzt nimm’ den Deckel ab. Geht einfach oder?

Bei einem Auto ist es ähnlich: Ohne Dach sowie Tür- und Fensterrahmen – also dem Fehlen des tragenden Bauteils – geht die Steifigkeit verloren. Als Ausgleich verstärken die Autobauer die Bodengruppe, weswegen sich Cabrio in ihrer Bauart deutlich von ihren Basismodellen unterscheiden. Optisch nimmst du das zwar nicht wahr, jedoch ist ein Cabrio komplett anders aufgebaut als ein Coupé oder eine Limousine.

Viele Hersteller produzieren mich daher gar nicht selbst, sondern lassen das von Zulieferern oder darauf spezialisierten Unternehmen erledigen. Berühmt für solche „Cabrio-Umbauten“ sind (bzw. waren) Karmann, Magna-Steyr, Baur oder Heuliez. Baur war geradezu berühmt für die Produktion eines Cabriolets auf Basis des BMW 3er, das sogar noch gebaut wurde, als BMW ein eigenes 3er Cabrio herausbrachte. Der Schweizer Tuner Dähler wandelt wiederum seit 2017 den BMW M2 in ein Cabrio um, während dieser ab Werk allein als Coupé erhältlich ist.

Was es mit dem Hardtop auf sich hat

Über die Jahre gab es hunderte solcher kleinen und mittelgroßen Spezialfirmen, die im eigenen oder fremden Auftrag – und zwar von den Herstellern – Cabrios bauten. Mit dem technischen Fortschritt speziell nach dem Zweiten Weltkrieg verschwanden aber viele dieser Spezialisten. Denn die Hersteller bieten mittlerweile meist selbst die entsprechenden Cabrios an. Selbst große Namen wie Bertone oder Karmann mussten der Branche den Rücken kehren. Insbesondere Karmann baute einst in Osnabrück einen der großen Open-Air-Klassiker schlechthin: das VW Golf Cabriolet. Heute liefern die spezialisierten Unternehmen wie Webasto in Stockdorf oder Edscha in Remscheid nur noch die entsprechenden Komponenten – also die jeweiligen Dachmodule – an die Hersteller.

Apropos „Dach“: Mein Verdeck änderte sich über die Jahre grundlegend. Zuerst war ich mit einem Stoffverdeck üblich, das später gern durch PVC ersetzt wurde. In den 1990ern kamen schließlich die Hardtops auf – also faltbare Dächer aus Stahl. In der Branche heißen diese „retractable Hardtop“ (kurz RHT) oder zu Deutsch: „zusammenklappbare Metalldächer“. Erste Versuche gab es schon in den 1930ern durch Peugeot sowie in den 1950ern durch Ford USA. Doch erst Mercedes brachte die Idee mit dem SLK 1996 in die Großserie. Heute bestehen solche Hardtops aus zwei oder mehr Teilen, welche zusammengeklappt im Kofferraum verschwinden. Der Vorteil ist offensichtlich: weniger Verschleiß und somit eine längere Haltbarkeit. Außerdem sind Hardtops beständiger gegen Vandalismus und reduzieren Fahrgeräusche deutlich mehr als klassische Softtops.

Überlege dir also gut, welches Verdeck dein Cabriolet haben soll.

Hier findest du eine ganze Auswahl an Cabrios – sicherlich ist auch einer für dich dabei!